Die Sozialdemokraten im Landkreis Nienburg und der heimische
Landtagsabgeordnete Grant Hendrik Tonne hatten zur Diskussionsveranstaltung
nach Bad Rehburg, Carpe Diem, zum Thema „Glaubensvielfalt – Verhältnis von
Staat und Religionen“ eingeladen.

Einleitend brachte es Tonne in seinem Grußwort auf den Punkt: „Gemäß unserem
Grundgesetz gibt es keine Staatskirche.“ Dennoch vereinbarten die großen Kirchen
und das Land Niedersachsen den Abschluss eines Staatsvertrages, der u.a. den
Religionsunterricht, die Staatsleistungen und die Abwicklung der Kirchensteuer
regelt. Das 60-jährige Bestehen des Loccumer Vertrages habe man erst jüngst
gefeiert und die Zusammenarbeit bekräftigt.
Kritiker sehen darin eine Verletzung der Trennung von Kirche und Staat und fordern
Nachbesserungen bzw. Auflösung des Vertrages, dazu gehört die Humanistische
Union. „Veränderungen seien aufgrund des gesellschaftlichen Wandels erforderlich“,
so Gastredner Hannes Haupt. Er führte dabei das Kirchensteuerrecht, die jährlich
steigenden Staatsleistungen von zurzeit 43 Mio. Euro, das Sonderarbeitsrecht der
Kirchen und den Religionsunterricht, der aus seiner Sicht eigentlich Aufgabe der
Religionsgemeinschaften ist, an.
„Man könne nicht nur auf die weltlichen Dinge schauen, die Christliche Kirche hat die
Aufgabe den Menschen eine innere Beheimatung zu geben, sie im Lebensgeschick
und ihrer Schicksalsgeschichte zu begleiten. Das Verhältnis zwischen Staat und
Kirche sei seiner Meinung nach sehr gut in Deutschland“, entgegnete Horst
Hirschler, Abt des Klosters Loccum und Bischof der Ev.-luth. Landeskirche Hannover i. R. Die Staatsleistungen sind vertraglich festgelegt worden, die Rechtslage sei klar.
Die Kirche übernehme mit Kindergärten, Entwicklungshilfe und vielen weiteren Angeboten eine gesellschaftliche Aufgabe, so fließe das Doppelte an Ausgaben an den Staat zurück, ergänzte er.

Als Vertreterin der Muslime nahm Frau Emine Oguz an der Veranstaltung teil. Die Geschäftsführerin und Juristin der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religionen e.V. (DITIB) in Niedersachen und Bremen, unterstrich in ihrem Statement den Wunsch nach einem eigenen Staatsvertrag, bei den Verhandlungen sei man auf einem gute Weg. Die Muslime in Niedersachsen haben sich in zwei Landesverbänden zu Religionsgemeinschaften zusammengeschlossen, ein langer Prozess mit vielen Hürden sei bewältigt worden. „Der Islamische Religionsunterricht an Schulen hat für uns einen großen Stellenwert, für unsere Kinder wäre eine Festschreibung im Staatsvertrag ein wichtiger Schritt mit großem Symbolcharakter“, berichtet Oguz weiter. Die Verbände finanzieren sich über einen Sozialfond, jede Familie zahlt einen monatlichen Beitrag und es kann auf eine hohe Spendenbereitschaft und ehrenamtliche Unterstützung zurückgegriffen werden. In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurden die vorgenannten Themen weiter vertieft.
„Vielfältige Religionen bedürfen des Miteinanders und des ständige Dialoges, nur so ist gegenseitige Akzeptanz möglich, hier gibt es aus meiner Sicht noch Handlungsbedarf“, resümierte Ernst Brunschön, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, in seinen Schlussworten.
Die Veranstaltungsreihe „Moral-Ethik-Religion“ findet mit dem 5. Forum zum Thema „Waffen- und Rüstungsexporte im Angesicht des Terrors“ am Mittwoch, 08. Juli 2015, 19.00 Uhr in der Kulturscheune in Liebenau ihren Abschluss.